In einem buddhistischen Tempel stritten sich vor langer Zeit zwei Mönche um den Inhalt eines heiligen Textes. Jeder wollte recht haben, seine eigene Ansicht erschien ihm nur logisch, die Meinung des Mönchs-Bruders als falsch.
Den ganzen Tag lang gingen die Worte hin und her, mal in sachlicher Form, gelegentlich auch abschätzend, in der Sache bewegte sich aber nichts, jeder Mönch wollte recht behalten, sich durchsetzen, keinesfalls nachgeben.
Die anderen Brüdern im Kloster wurden durch die Streiterei immer mehr belastet, die Kontrahenten waren unversöhnlich, jeder berief sich auf eine andere Passage im Text, die nach seiner Meinung seinen Standpunkt „klar beweisen“ würde. Als der Unfriede den ganzen Nachmittag kein Ende nahm, sagte ein Mönch: „Ich habe jetzt genug von eurem Gezänk, geht und fragt den Meister, unser Abt ist bekannt für seine Weisheit, er wird einen Richterspruch treffen, und nach diesem Wort sollt ihr dann auch endlich Frieden halten“!
Der erste Streithahn lief in die Klause des Meisters und sagte: „Ehrwürdiger Abt, ich streite mich schon den ganzen Tag mit meinem Bruder, es geht um eine Stelle in einem gesegneten Buch, darf ich Euch die Stelle, und meinen Standpunkt dazu, vortragen“? „Ja, selbstverständlich“, antwortete der Klosterleiter.
Der Mönch legte alles dar, sparte nicht an kleinen Bosheiten gegenüber seinem Tempelbruder, erklärte aber auch dessen Version zur fraglichen Passage.
Der Abt antwortete kurz und knapp: „Ja, Du bist im Recht“. Der Mönch ging triumphierend zurück und erklärte jedem Klosterbruder die Entscheidung, er habe recht, der andere Mönch sei im Unrecht.
Dies wollte der unterlegene Mönch nicht klaglos akzeptieren, auch er machte sich in das Zimmer des Abtes auf und beschwerte sich: „Meister, wie kann das sein, ich berufe mich auf die Worte eines anderen bedeutenden Lehrers, warum soll ich da im Unrecht sein“?
Der Abt schaute nur kurz den Mönch an und antwortete wieder knapp: „Ja, Du bist im Recht„.
Der zweite Mönch ging zurück, berichtete seinem Widersacher die Aussage des Abtes. Die Streiterei begann so, wie sie geendet hatte; die Positionen hatten sich sogar noch verhärtet, beide beriefen sich jetzt auch noch auf den Abt.
Nun hatte der Mönch, der die beiden zum Abt geschickt hatte, wirklich genug, er suchte den Klostervorsteher selbst auf um die unliebsame Sache endlich zu einem guten Abschluss zu bringen, wieder Ruhe im Hause zu haben.
„Grosser Meister“, sagte er, „warum gibst du beiden Mönchen Recht, es kann doch nur einer im Recht sein“?
Der weiße Abt schaute auch den dritten Mönch nur kurz an, und antwortete wieder knapp: „Ja, da bist Du im Recht“.
Nur Kleingeister wollen immer Recht haben
– Ludwig XIV– Französischer König (1638 – 1715)
Der kommt den Göttern am nächsten, der auch dann schweigen kann, wenn er im Recht ist
– Marcus Porcius Cato, der Ältere (Cato Censorius)- (234 – 149 v. Chr.)
Jeder hat ja so recht
– unbekannt – Quelle: Inschrift an einem Haus in Wertheim (Deutschland), zitiert von Kurt Tucholsky (1907-1935).
Grässlich ist der Typ von Menschen, der immer recht behalten will. Diese sind bereit, Unschuldige zu verurteilen, Heilige, Gott selbst, nur um Recht zu behalten
Leo Tolstoi (1828 – 1910)
Du wirst morgen sein, was du heute denkst
– Buddha –