Ich bin wieder hier, mein Meister trainiert jetzt noch Schüler, seine Frau (Frau Fu) hat mich an der U-Bahn Station Caledonian Road abgeholt, mich zum Tempel gefahren, der unweit der Station Tufnell Park liegt.
Unterwegs stieg noch ihr Sohn Tian Tian zu, der eines meiner Patenkinder ist, mit dem ich auch mehrere Jahre zusammen gewohnt habe. Als mein Meister Shi Yan Zi seine Frau kennenlernte hat er seinerzeit den Status „Mönch“ aufgegeben, aber ein „Meister“ bleibt er natürlich weiterhin. Sein Kung Fu ist nach wie vor ein Traum, seine Weisheit umfassend.
Als Shi Yan Zi dann fertig war konnten wir uns in die Arme nehmen, lange Zeit ist vergangen seit dem letzten Zusammentreffen, die weltweite Hysterie hatte auch auf die buddhistische Gemeinschaft ihre Auswirkungen, der Londoner Tempel war über sechs Monate geschlossen, heute läuft der Betrieb wieder fast normal.
Wir setzten uns an einen Tisch im Eingangsbereich des Tempels und fingen an uns zu unterhalten, so, wie wenn wir nicht mehr als eine Woche getrennt gewesen wären, wir knüpften mehr oder weniger nahtlos dort an, wo wir geendet hatten. Die Frau meines Meisters kochte eine Kleinigkeit, wir redeten lang und als wir merkten, dass es schon nach ein Uhr war, gingen wir etwas melancholisch, aber zügig, zu Bett.
Ich schlief nicht wirklich gut, mein Zimmer ist zwar groß und hell, aber im Bett gibt es keine Matratze, sondern eine Art von Brett (Futon), welches zwar sehr gesund für den Rücken sein soll, aber eben nicht dem entspricht, was ich sonst so „gewöhnt“ bin.
Ich habe meinen eigenen Kaffee mitgebracht (löslich), ein Wasserkocher ist in einem chinesischen Haushalt immer auf einem Zimmer; zuerst einmal Kaffee, dann in die Dusche. Mein übliches Yogaprogramm zog ich auch durch, ohne meine Matte fahre ich nicht weg, die täglichen Dehnübungen sind mir unglaublich wichtig geworden. Mein Meister trainierte schon wieder, ich wartete bis er fertig war, wir begrüßten uns freudig. Zwar gibt es im Shaolin Tempel London etwa zehn Lehrer, aber an Shi Yan Zi bleibt der Hauptteil irgendwie doch hängen.
Er sagte, dass wir zu einem bekannten Möbelhaus fahren würden, er wolle eine Matratze für mein Bett kaufen. Ich hatte nichts gesagt, ich würde mich unter keinen Umständen beschweren, es war seine Idee, aber ich war nicht traurig darüber.
Gesagt, getan, wir fuhren durch London, nahmen erst einen Kaffee in der Kantine des schwedischen Unternehmens, gingen dann durch den obligatorischen Rundgang, fanden eine passende Unterlagen für mein Bett, und fuhren zurück in den Tempel. Die nächste Nacht wird sicherlich geruhsamer.
Und wie immer gilt: Der Weg ist das Ziel!
Es ist zu Ende gebracht, das Leben ist gelebt, alles wurde getan, was getan werden mußte, mehr gibt es nicht zu tun
– Buddha – Ehrenname des Siddharta Gautama – 560 bis 480 vor dem Jahr Null
Es fällt ein Stein nach dem andern vom Tempel des Aberglaubens; wenn man nur auch so eifrig an Gottes Tempel aufbaute, als man an dem Tempel des Aberglaubens herunterreißt!
– Johann Heinrich Pestalozzi – Schweizer Pädagoge und Sozialreformer – 1746 bis 1827
Und bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht
– Bibel –
Ein verfallener Tempel gleicht einer Gottheit, die ins Wanken kommt
– Aus China –
Dein Körper ist der Tempel, darin die Natur verlangt, ihn anzubeten
– Donatien Alphonse François de Sade (Comte de Sade, genannt Marquis de Sade) – Französischer Romanschriftsteller und Novellist (nach ihm wurde der Sadismus benannt) – 1740 bis 1814
Vier Säulen stützen den Tempel der irdischen Glückseligkeit: Gesundheit, Gemütsruhe, Wohlstand und Freundschaft
– Francis Bacon (1. Viscount St. Albans, Baron von Verulam) – Englischer Philosoph, Jurist und Staatsmann – 1561 bis 1626
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