Wer kennt es nicht, das Verlangen?
Stellt Euch vor, ihr wollt etwas wirklich haben. Ich habe einen Bekannten, der will immer das neueste iPhone. Schon bei der Präsentation ist er ganz hingerissen und sobald er kann, bestellt er es sich nach Hause.
Sein Verlangen ist erst einmal gestillt. Bis das Telefon bei ihm ankommt, verlangt er nicht mehr danach, jetzt freut er sich darauf. Er weiß ja, dass er nun ein iPhone besitzt, er muss es nicht mehr begehren.
Doch was ist mit dem Verlangen, mit diesem Gefühl? Woher kommt es, und was passiert, wenn ich den Gegenstand besitze, wohin geht das Verlangen?
Verlangen muss schließlich irgendwie entstehen. Warum will er genau dieses Telefon, und kein anderes?
Die einfache Antwort ist, dass das Verlangen in uns schon war, bevor das Telefon überhaupt auf den Markt kam (nämlich schon immer), wenn es befriedigt ist, bleibt es in uns, ähnlich einem kleinen innerlichen Giftzwerg, der an uns nagt, wenn die Zeit reif dafür ist.
Dieses Verlangen bleibt in uns, auch wenn der momentane Wunsch erfüllt wurde, bis zum nächsten Mal, wenn sich der Giftzwerg wieder bemerkbar machen kann.
Der Giftzwerg sind wir selbst; unser Ego will das neue Telefon und produziert das Verlangen.
Das Ego bestimmt das Verlangen, arbeitet in unserem Kopf, und meldet sich immer und immer wieder.
Unser Ego wendet sich nach gestilltem Verlangen dem nächsten Gedanken zu. Bis der Giftzwerg wieder auftaucht.
Und dieser Giftzwerg kann statt eines Telefons von anderen Personen auch etwas ganz anderes verlangen, Drogen, Alkohol oder Geld, Macht oder Sex, oder was auch immer.
Also sollten wir uns hinterfragen, woher dieses spezielle Verlangen kommt und wie weit wir dieses Verlangen ertragen können.
Überlege einmal, bevor du gibst, überlege zweimal, bevor du annimmst, und tausendmal, bevor du verlangst
– Marie von Ebner-Eschenbach – Österreichische Schriftstellerin – 1830 bis 1916