Was macht einen guten Chan-Lehrer aus?
Er muss sein wie ein Wecker, so wie der Alarm, der uns am Morgen aus dem Bett klingelt. Er sollte uns beim „Erwachen“ helfen, mit seinem ausgestreckten Finger auf einen bestimmten Punkt zeigen.
Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Chan-Meister selbst den Weg geht, den er zeigt. Es ist egal ob er selbst „erleuchtet“ ist, es spielt keine Rolle ob er zittert, oder kräftig ist, er muss nur zeigen und damit wecken.
Was machte Buddha so besonders, was unterscheidet ihn von anderen historischen Persönlichkeiten? Richtig, er war „erleuchtet“, das machte ihn speziell, deshalb folgen ihm bis heute unzählige Menschen.
Andere Personen auf dem Weg zur „Erleuchtung“ zu begleiten, ihnen zu helfen die Voraussetzungen zum „Erwachen“ zu erschaffen, sie zu wecken, zu sensibilisieren, ihnen den Weg zu erklären, das macht ein guter Chan-Lehrer, das ist seine einzige Aufgabe. Wie er das macht, mit welchen Hilfsmitteln er zeigt, wie er weckt, das ist unwichtig.
Buddha hat keine Anleitung zum „Erwachen“ hinterlassen, keine Anweisungen aufgeschrieben. Und das sicherlich aus guten Gründen, ist das „Erwachen“ doch ein sehr individueller Vorgang. Jeder Mensch ist anders, es gibt keinen Knopf zum Einschalten der „Erleuchtung“, keine einzigartige und geheime Formel, und schon gar keinen passenden Zauberspruch.
Es gibt Buddha als Vorbild, als Entdecker des „Erwachens“.
Nach seiner Erleuchtung hatte Buddha seine Lehre mündlich verbreitet, erst später wurden seine Reden und Weisungen von Schülern aufgezeichnet. Buddha zeigte die nötigen Vorbereitungen für den Weg, versuchte die Menschen aufzuwecken, sie zu erreichen. Von Buddhas direkten Schülern sollen mehrere Hundert ebenfalls „erwacht“ sein, für die damalige Zeit eine bedeutende Zahl.
Und heute, was bleibt übrig von den Lehren Buddhas? Wie kommt sein Geist zu den Menschen?
Gute Chan-Meister sind selten geworden, das Thema ist schwierig, jedoch der Bedarf ist groß!
Ganz einfach gesagt muss man probieren, muss bereit sein ein Stück des Weges mit dem Lehrer zu gehen, sich dabei selbst eine Meinung zu bilden, ob der eingeschlagene Pfad der richtige ist.
Denn der Chan-Lehrer kann nur wecken, den Weg zeigen, man darf nicht auf seinen Finger schauen, sondern man sollte den Punkt betrachten, auf den der Finger zeigt.
Der Wecker wird als Folter eingestuft, wenn er aus süßen Träumen ruft
– Monika Kühn-Görg – Deutsche Autorin – geb. 1942